Hintergrundgeschichte

Xaida

auf AbwegenEs war eine stürmische Nacht. Der Wind pfiff durch die Baumwipfel. Dichte Wolken verfinsterten den Himmel, und der Regen peitschte in Karas Gesicht. Krampfhaft hielt sie ihren durchnässten Mantel umklammert und stemmte sich gegen den Wind, um nicht von den Füßen gerissen zu werden. Der Sturm hatte sie auf der weiten Ebene überrascht. Verzweifelt war sie zum Wald gelaufen und hatte ihn mit Mühe erreicht. Ihr ganzer Körper schmerzte, und sie ließ sich zu Tode erschöpft auf dem durchweichten Waldboden nieder. Minuten, die ihr wie Stunden vorkamen, saß sie bewegungslos da, ihre Augen geschlossen. Sie konzentrierte sich ganz auf ihr Inneres, versuchte die letzten Fünkchen Energie in ihrem Körper zu sammeln. Sie musste weiter gehen. Hier konnte sie nicht bleiben, denn die Kreaturen der Dunkelheit würden bald erwachen und auf die Jagd gehen.

Plötzlich wurde sie durch einen Schrei aus ihrer Konzentration gerissen. Was war das? Es klang wie ein kleines Kind. Sie lauschte angestrengt, konnte aber nichts hören, außer dem Getöse des Windes, der immer stärker zu werden schien. Mit letzter Kraft erhob sie sich, um tiefer in den Wald zu gehen und Schutz in einer kleinen Hütte zu suchen, die hier ganz in der Nähe sein musste, als sie ein lautes Knacken hörte. ‚Ein Wolf‘, war ihr erster Gedanke. Angespannt stand sie da, bereit, sofort wegzulaufen, als plötzlich etwas aus dem Unterholz hervorbrach. Erschrocken drehte sie sich um, um loszulaufen, als eine angsterfüllte Stimme kaum hörbar sagte: „Hilf mir! Hilf meinem Kind!“ Kara blieb stehen und sah sich um. Vor ihren Füßen lag ein Mensch, ein Mann. Seine Kleidung hing in Fetzen. In seinen Armen trug er ein Bündel Stoff, welches er angstvoll an sich drückte. „Hilf meiner Tochter! Rette sie vor den Bestien! Bitte!“ Seine Stimme war nur noch ein Krächzen. Seine Augen sahen Kara flehend an. Sie beugte sich über ihn, um sich das Kind anzusehen. Sie schlug den Stoff zurück. Zwei blaue, wachsame Augen sahen sie an. Das Kind lächelte.

‚Warum sollte ich einem Menschenkind helfen?‘ dachte sich Kara. Sie wollte sich gerade umdrehen, um die beiden Menschen ihrem Schicksal zu überlassen, als das Kind nach ihren Haaren griff, um damit zu spielen. Kara lächelte, hob das Kind in ihre Arme. Der Stoff glitt herab und gab zwei kleine spitze Ohren frei. „Ein Elfenkind!“ rief sie erstaunt. „Ihr Name ist Xaida“, hauchte der Mann. „Rette sie, denn ich kann es nicht mehr.“ Mit letzter Kraft erhob er sich und drückte ihr einen kalten metallenen Gegenstand in die Hand, dann sank er kraftlos zu Boden. Kara nickte kurz und lief los. Hinter sich konnte sie die Bestien hören, deren blutlüsternes Geheul durch den Wald hallte. Sie hatten ihre Beute erlegt.

Kara lief und lief …


Missmutig warf sich Xaida auf ihr Lager. Sollten sie doch ihr dummes Spiel allein spielen. Sie war sowieso nicht in der Stimmung gewesen. Tolain war der schlimmste von allen. „Wir können dich nicht gebrauchen“, hatte er gesagt. „Dieses Spiel ist nichts für Menschen. Du bist uns nur im Weg!“ ‚Mensch. Ich bin kein Mensch! Ich bin ein Elf, genau wie alle anderen.‘ Sie wusste, dass das nicht stimmte. Sie war schon immer anders gewesen als die anderen. Sie konnte nicht so schnell laufen, bewegte sich nicht so graziös, wie ein Elf. Die wenigen Zauber, die sie beherrschte, beherrschte sie nicht besonders gut, und die anderen lachten immer nur über sie.

Wütend ballte sie die Fäuste und trat einen Stuhl um, der sich zufällig in ihrer Reichweite befand.

Kara betrat den Raum. Sie ließ den Blick umherschweifen und wusste sofort, was los war. Xaidas Wutausbrüche häuften sich in letzter Zeit. Seufzend setzte sie sich zu ihr aufs Bett. Kara hatte gehofft, dass ihr Volk das Kind akzeptieren würde, so wie sie es tat. Sie liebte Xaida von Herzen, aber die anderen Elfen duldeten sie nur wegen Kara. Xaida hatte es nicht leicht gehabt, sie hatte sich schon oft behaupten müssen. Nun, vielleicht war es Zeit, sie fortzuschicken. Xaida hatte schon oft nach ihren Eltern gefragt, wo sie waren, woher sie kamen. Kara konnte ihr diese Fragen nicht beantworten.

„Ich denke, es ist Zeit für dich fortzugehen. Geh hinaus und finde die Antworten auf deine Fragen.“ Liebevoll strich sie über das Amulett, welches Xaida um den Hals trug. „Geh, und finde deine Familie.“ Mit diesen Worten erhob sie sich und verließ mit tränengefüllten Augen das Zimmer …

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Letzte Änderung: 30. Dezember 2002 - © Kunst des Denkens 2002